funkyjay hat geschrieben: ... und wenn die Leute das nicht kapieren ist das einfach nur beschämend und sie haben nen Satz heisse Ohren verdient.
Alle Festival Besucher sind über 18 und sollten über ne gewisse reife verfügen... Es kann doch nicht sein, dass die Fusion da noch einen erziehungsauftrag ableisten muss, damit die lieben Kleinen sich dazu herablassen, ihren scheiss wegzuräumen.
... demonstrativ Leute bloßstellen die sie beim littering erwischen. Evtl setzt dann doch noch sowas wie ein erziehungseffekt ein.
Lieber funkyjay,
erst mal danke, dass du das hier anbringst und nicht im anderen Thread und nein, ich nehme deine Kritik nicht persönlich - im Gegenteil, ich bin froh um deinen Beitrag, denn ich glaube er widerspiegelt eine Grundhaltung, die Teil des Problems ist und dazu möchte ich gerne Stellung nehmen:
Der "Satz heisse Ohren", die "klare Ansage" und das "demonstrativ blossstellen" sind ja nun auch Erziehungsmassnahmen. Und du scheinst doch auch zu befinden, dass einige der Fusionbesucher damit zu erziehen seien (ohne den Satz heisser Ohren, versteht sich).
Wir sind uns also einig darüber, dass Leute etwas lernen sollten, aber wir sind uns uneins darüber mit welchen Mitteln das Erziehungsziel erreicht werden soll.
Deine Vorschläge kommen aus der pädagogischen Kategorie "Zuckerbrot und Peitsche", Belohnung/Bestrafung, allerdings würdest du bei diesen "Fusionkindern" vor allem auf Bestrafung setzen wollen: Die Regeln erklären und dann die beschämen, die sich nicht an die Regeln halten. Ich verstehe.
(Übrigens, im anderen Thread hat nun jemand das "Zuckerbrot" vorgeschlagen: Jeder abgelieferte Müllsack wird mit 2 Euro belohnt.)
"Zuckerbrot und Peitsche" ist ein sehr effektives Erziehungsmittel, aber es richtet auch viel Schaden an und der Lerneffekt bleibt oberflächlich, denn die Konsequenz der "Peitsche" - im Prinzip die Angst davor ( ... und/oder der Anreiz der Gratifikation) - muss nun immer präsent sein (im Kopf oder effektiv), damit der Mensch sich an die Regel hält .
Man könnte nun argumentieren, dass solange es eine gute, sinnvolle Regel ist, die eingehalten wird, dieses Opfer zu bringen sei und dass der Zweck quasi die Mittel heiligt.
Das sehe ich eben ganz anders und ehrlich gesagt möchte ich an der Fusion keinen meiner Mit-Fusionauten beschämt sehen, selbst wenn es für eine an sich vernünftige Sache ist. Mit der Peitsche schafft man Gehorsam und man erzeugt letztlich Konformisten. Und Konformisten wollen andere, welche gegen die Regeln verstossen, von denen sie sich haben brechen oder biegen lassen, bestraft sehen, denn sonst ist es ja unfair.
Das führt zu einer Spirale der Überwachung, Denunziation und Bestrafung und das passt meiner Meinung nach überhaupt nicht zur Fusion.
(Übrignes, mit dem Zuckerbrot schafft man konformierte Opportunisten, die alles mit machen, solange sie dafür belohnt werden > Bänker!)
Man muss verstehen, dass wenn die Leute sich vom Druck des Alltags (und dessen verschiedensten Regeln) befreien, sie sich in erster Linie vom Druck der Peitsche (und der Scham des Selbstverrates durch das Zuckerbrot) befreien - egal für welche Regel sie geschwungen wurde. Somit entsteht das Paradoxon, dass Littering zu einer Art Symbol von Freiheit wird - Medusa hat das ja vorhin auch schon mal angesprochen. Und dass sich die Leute an der Fusion ganz extrem von ihrem Alltag befreien (wollen), ist ja erwünscht und soll auch so sein.
Spass ist ein indirektes Erziehungsmittel, ein sanftes Erziehungsmittel.
Aber es ist eigentlich gar kein Erziehungsmittel, es ist einfach Spass!
Der Lerneffekt kann quasi als Nebenwirkung ganz natürlich mitkommen.
Und wenn beim Umgang mit dem Abfall der Spass zum zentralen Punkt gemacht würde, könnte das eine ganze Reihe von positiven Nebeneffekten haben.
Ich störe mich übrigens auch noch etwas an dem Ausdruck "Bespassung", denn er suggeriert die Passivität der Besucher, es macht uns zu passiven Konsumenten des Spass. Sicher gibt es Momente auf der Fusion, wo man auch mal "bespasst" wird, aber aus meiner Sicht trägt das Publikum zum Spass bei, ist aktiv am Prozess beteiligt und zwar viel intensiver als ich das auf bisherigen Festivals jemals erleben durfte. Das mal ganz Grundsätzlich zu diesem Ausdruck im Zusammenhang mit der Fusion.
Im Zusammenhang mit meiner Idee der Müllaction, ist da auch nicht von "Bespassung" zu sprechen, denn all die Leute, die den Müll sammeln und bringen, sind Teil der Performance, nehmen also aktiv teil. Und alle haben Spass.
Zum Abschluss möchte ich noch bemerken, dass ich keineswegs der Meinung bin, dass es nur junge oder neue Fusionauten sind, die ihren Müll liegen lassen oder dass das letztlich wirklich was mit der Kinderstube zu tun hat. Denn wenn überall schon Müll liegt, dann habe ich auch keinen Skrupel mehr mein Papierchen liegen zu lassen. Es geht also darum das Gelände sauber zu halten. Präventiv.
Bei 70'000 Leuten wirken Massenphänomene und man kann sich nicht mehr einfach auf den "gesunden Menschenverstand" und die "gute Kinderstube" berufen.
Beim einzelnen schon, aber eben nicht bei der Masse ... und erst recht nicht, wenn sich der Grossteil der 70'000 Menschen gerade ganz intensiv vom Alltag befreien will.
Müll sammeln, trennen und ordentlich entsorgen ist ja wohl ein super deutliches Alltagssymbol.
Wenn die Fusion nun ein Abfallkonzept umsetzen könnte, bei dem nicht die Entsorgung, sondern der Spass an der Entsorgung zentral ist, entsteht dabei über den Spass trotzdem die Befreiung, eventuell ein Lerneffekt, wahrscheinlich ein Gelände, das sauber bleibt, Freude und noch mehr Spass. Win-Win-Win.
Eine "Schnappsidee"?
Okay, aber Schnapps ist doch gut